01.09.2021

Carsharing - Wieso, weshalb warum?

Von Elena Kornettka

"Carsharing” ist heute jeder*m ein Begriff und besonders in (Groß-)Städten mittlerweile fester Bestandteil des Stadtbilds. Natürlich müssen wir uns damit auseinandersetzen, wie nachhaltig das Modell Carsharing wirklich ist und ob Finanzierungen in Carsharing-Konzepte mit dem Zukunftsbild der GLS Mobilität vereinbar und eine Investition in eine menschengerechte Zukunft zur Erreichung des 1,5-Grad Ziels sind. Welchen Beitrag kann Carsharing zur Verkehrswende leisten und welche Impulse werden in Bezug auf nachhaltige Mobilität gesetzt?

Was bedeutet eigentlich „nachhaltige Mobilität“?

Die Transformation des Verkehrssektors ist durch zwei Dimensionen geprägt: 
1. Von der Ersetzung fossiler Antriebe durch erneuerbare (primär Elektrifizierung von Fahrzeugflotten und Bahnen) 
2. Von der Abkehr von Individualmobilität des Autos. Dies soll durch den Ausbau und die intelligente Vernetzung alternativer Angebote geschehen. Dazu zählen der Ausbau und die Verbesserung des Angebotes von ÖPNV und Fernverkehr, Fahrrad- und Fußgängerinfrastruktur, sowie Car- und Bikesharing.

Carsharing wird als wichtiges Element für eine sozialökologische Verkehrswende angesehen. Die Grünen fordern es als Teil Ihrer Strategie zu grüner Mobilität genauso wie das Bundesumweltministerium. Auch das Öko-Institut und das Wuppertal Institut werten Carsharing als positives Mittel zur Abkehr vom Individualverkehr und geringerer Ressourcennutzung. Eine sinkende Anzahl von Privatautos wirkt sich positiv aufs Klima aus und kann durch Carsharing maßgeblich beeinflusst werden. Ein CarSharing Auto kann bis zu 20 Privatautos ersetzen und zudem zur Senkung von CO2-Emissionen als auch der gefahrenen Kilometern je Nutzer*in führen.

Carsharing funktioniert nach verschiedenen Modellen. So wird es im stationsbasierten Modell an einer Station abgeholt und dorthin wieder zurückgebracht, oder kann als FreeFloating Carsharing per App geortet und überall wieder abgestellt werden. Das stationsbasierte Carsharing hat hier den Vorteil der Möglichkeit zu einem kombinierten Ausbau von Ladeinfrastruktur, da Stehzeiten an den betreffenden Stationen geplant werden können. Laut Bundesverband Carsharing beträgt der E-Anteil von Carsharing Fahrzeugen aktuell 18,5% (inkl. Plug-In Hybride). Eine vollständige Elektrifizierung ist allerdings eher unrealistisch, aufgrund unzureichender Ladeinfrastruktur und Parkmöglichkeiten in vielen Städten.


Die GLS Mobilität sieht Carsharing als vierte Säule der verschiedenen Mobilitätsformen. Neben der Fortbewegung zu Fuß, oder auf dem Rad gehört ebenso die ÖPNV- und Fernverkehr-Nutzung als Fortbewegungsform dazu. Im Alltag sollte je nach Weg(-zweck) entschieden werden, welche Form bedürfnisgerecht eingesetzt werden kann, um flexibel und selbstbestimmt die Nutzung von Verbrennermotoren zu umgehen. Micro-, Inter- und insbesondere Multimodalität gilt es gleichermaßen zu fördern. 
Die digitale Ausgestaltung der Nutzung bestimmter Plattformen fördert Konnektivität und ermöglicht eine integrierte, vielseitige Mobilität. Carsharing verknüpft das öffentliche Verkehrsangebot und öffnet auch Denkmuster für alternative Mobilitätsformen. So nutzen Carsharing-Nutzer*innen auch häufiger ÖPNV oder Fernverkehr und reduzieren ihre Fahrten im PKW umso mehr.


Der Verbrenner als präferiertes Fortbewegungsmittel profitiert immer noch von der Generation, die das Auto im Zuge der Industrialisierung als Prestige-Objekt zur Grundausstattung eines jeden Haushalts stilisiert hat. Diese Stellung wird auch heute noch durch zahlreiche Privilegien gefestigt, welche es zu transformieren gilt. 
Das Zukunftsbild der GLS Mobilität sieht eine genügsame Nutzung von Mobilitätskonzepten zur gesamtgesellschaftlichen Reduktion ökologischer Auswirkungen vor. Die Sharing Economy ermöglicht die Nutzung eines geteilten Autos und schafft dadurch die Notwendigkeit zum Besitz eines eigenen Pkw ab. Nutzer*innen schaffen zudem im Zeitverlauf häufig ihren eigenen Wagen ab – je nach örtlichen Verhältnissen ersetzt ein Carsharing-Auto 4-10 Individualfahrzeuge. Diese Individualfahrzeuge haben eine beeindruckende Steh-/Fahr-Bilanz: Fast 23 Stunden steht ein Auto im Durchschnitt und verhindert so die alternative Nutzung von Parkflächen (– man könnte sich beinahe die Frage stellen, ob „Stehzeug“ nicht die bessere Bezeichnung für Autos wäre…).
Carsharing kann daher öffentliche Flächen, insbesondere in Städten entlasten und reduziert den Energiebedarf ebenso. Die energieeffizienten und modernen Fahrzeuge, die als Carsharing-Wagen eingesetzt werden emittieren pro km durchschnittlich weniger CO2, als privat genutzte Pkw.


Auch mit Hinblick auf Partizipation schafft Carsharing über gemeinsame Nutzung Räume zur Bündelung von Interessen und demokratisch-partizipativer Prozesse zur gemeinwohlorientierten Entwicklung. Zudem gewährleistet Carsharing Teilhabe über niedrigschwellige Nutzungsangebote. Auch Menschen mit niedrigem ökonomischem Status können die Angebote mit geringem Kostenaufwand wahrnehmen – und von den eventuellen Vorteilen der Fortbewegung per Auto profitieren – ohne selbst einen Pkw anschaffen zu müssen.


Carsharing ist transformativ an sich. Insbesondere, wenn dadurch E-Mobilität und der Ausbau von Ladeinfrastruktur unterstützt und bewegt wird. Wenn auch weiterhin Verbrennerautos im Fahrzeugbestand sind, so ist der Nutzungsschlüssel für Personen pro Fahrzeug durch geteilte Nutzung deutlich effizienter, als jedes Privatfahrzeug sein könnte. Auch in Bezug auf Unternehmensmobilität kann Carsharing innerbetrieblich einen Beitrag zu einer ökologischen Transformation leisten und vielseitige Interessen verbinden.
Ökonomische Anreize und transformierte Privilegien für Menschen, die sich von der Nutzung von Verbrenner-Autos abwenden, können Meilensteine auf dem Weg hin zur sozialökologischen Verkehrswende und schlussendlich zu einer enkel- und kindertauglichen Zukunft.

Factsheet – Warum wir Carsharing finanzieren und begleiten können:


Um eine nachhaltige Verkehrswende mitzugestalten, unterstützen wir die Reduktion motorisierten Individualverkehrs in jeglicher Form. Hierzu gehören auch Konzepte, die Genügsamkeit und „Teilen statt Besitzen“ fördern. 
Durch unser Mitwirken setzen wir weitere Impulse auf dem Weg zu vollständiger Elektrifizierung der Fahrzeugflotte, um so zukünftig gänzlich auf Verbrennungsmotoren verzichten zu können.

Carsharing bedient die Bedürfnisse Flexibilität, Zuverlässigkeit, Planbarkeit und Zeitersparnis, die oft als Gründe angeführt werden, ein eigenes Fahrzeug zu besitzen. Vermehrte Angebote von Carsharing, auch in ländlichen Regionen zahlen daher vollständig in unser Zukunftsbild ein: eine menschengerechte, enkeltaugliche, grüne Welt, die von einer sozial verträglichen und gesellschaftlich akzeptierten Verkehrswende profitiert.