14.06.2022

Verbrenner-Aus ab 2035

von Elena Kornettka

 

Ein großer Tag für Klimaschützer*innen, Industrie und Lobby:

Am Dienstag den 07.06.2022 beschloss das EU-Parlament im Rahmen der Gespräche zum „Fitfor55-Paket“ das Verbrenner-Aus. Ab 2035 sollen keine neuen Verbrenner-Autos mehr zugelassen und verkauft werden. Auch Flotten müssen von da an null Emissionen ausstoßen – dies gilt auch für kleinere Nutzfahrzeuge.

Der Vorschlag zur Verordnung kam von Seiten der Kommission. Diesem stimmte das Parlament nun zu. Für den finalen Beschluss müssen folgend noch alle 27 Mitgliedsstaaten des europäischen Rats zustimmen. Vorab hatte Deutschland in Form von Bundesumweltministerin Steffi Lemke die Regelungen begrüßt, Volker Wissing (Verkehrsminister) rudert nun in offiziellen Statements allerdings wieder zurück. Er plädiert dafür, auch E-Fuels in die Regelungen mit einzuschließen und nicht ausschließlich batterieelektrisch betriebene Pkw zu erlauben.

Bei der Nutzung von E-Fuels für den Antrieb von Pkw wird CO2 der Atmosphäre entnommen und dann im Pkw verbrannt. Die Klimabilanz sei dabei angeblich gleich null. Kritische Stimmen nennen E-Fuels eine "ineffiziente Sackgasse": Zunächst muss grüner Strom zu Wasserstoff umgewandelt und dann verbrannt werden, um ein Auto zu bewegen. Dieser Umweg macht wasserstoffbetriebene Pkw 5-7 mal ineffizienter als batterieelektrisch betriebene.

 

Während im Parlament wohl zunächst hitzig diskutiert wurde und insbesondere der Verband der Automobilindustrie (VDA) die Regelungen zu blockieren versuchte, äußerten sich die Vorstände von VW und Mercedes anschließend doch positiv zu den Neuregelungen. Erfahrungsgemäß gehen die öffentliche Positionierung und anschließende tatsächliche Entscheidungen in Brüssel häufig weit auseinander. Wie die Autolobby sich also final positioniert, bleibt abzuwarten. Gerade wenn es um die konkreten Gesetzesinhalte geht, werden offensichtlich gerade die Fossilindustrien oft laut.

Klimaschutz? 

Klimaschützer*innen begrüßen die Entscheidungen – allerdings nicht uneingeschränkt: 2035 sei schlichtweg zu spät, um Neuzulassungen zu verbieten. Bis über 2050 hinaus werden so noch Verbrenner auf den Straßen unterwegs sein. Befürchtet wird, dass bis dahin der Verkauf von SUVs und anderen Wagen mit Verbrennungsmotor munter vorangetrieben wird.

Wird der Vorschlag tatsächlich so umgesetzt, wäre dies allerdings ein wichtiges Signal für die Antriebswende und dafür, Abhängigkeiten von fossilen Energien zu beenden.

Alex Keynes, Manager für saubere Fahrzeuge bei Transport and Environment (T&E) sagt dazu: „Die Frist bedeutet, dass die letzten Autos mit fossilen Brennstoffen bis 2035 verkauft werden, was uns eine gute Chance gibt, einen außer Kontrolle geratenen Klimawandel abzuwenden“. Außerdem gebe der Beschluss „der Autoindustrie die Sicherheit, die sie braucht, um die Produktion von Elektrofahrzeugen hochzufahren, was die Preise für die Fahrer senken wird.“ Zu E-Fuels führt er fort: „Synthetische Kraftstoffe in Autos zuzulassen, wäre eine teure und verschwenderische Ablenkung von der Mammutaufgabe, den Verkehr sauber zu machen. Batterieelektrische Fahrzeuge sind heute bereit und ein sauberer, billigerer und effizienterer Weg zur Dekarbonisierung.“

Übrigens: T&E ist Mitgestalter der GLS Mobilität. Gemeinsam unterstützen wir die notwendigen Schritte hin zu klimafreundlicher, menschengerechter Mobilität.

 

Flottengrenzwerte anziehen

Auch die Anpassung der Flottengrenzwerte ist eine Verschärfung des Kommissionsplans. Alle Regelungen reichen zwar nicht, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen, würde die EU aber dennoch auf den Pfad bringen, eine menschengerechte Zukunft ermöglichen zu können. Der Verbrennungsmotor als Auslaufmodell würde auch der Industrie Planungssicherheit verschaffen und derzeitige Argumente entkräften. Vielmehr würde dadurch der flächendeckende Ausbau von grüner Ladeinfrastruktur einmal mehr motiviert und noch notwendiger, als er bereits ist.

Autos sind verantwortlich für 12% der Emissionen im Verkehrssektor. Dieser bezieht außerdem 65% des Öls in Europa – überwiegend als Importe.

Die GLS Mobilität steht für eine menschengerechte Zukunft und unterstützt schnellstmögliche Regelungen zum Verbrenner-Aus. Eine Halbierung des Pkw-Bestands in Deutschland bis 2030 ist dabei ebenso wichtig, wie der massive Ausbau von ÖPNV, Schiene und Ladeinfrastruktur.

Wenig Zustimmung zu Emissionshandel und Windkraftausbau

Trotz der positiven Aussichten wurden auch einige Teile des Klimapakets abgelehnt. Die geplante Ausweitung des Emissionshandels mit CO2-Zertifikaten auf Verkehr und Gebäude muss nach Uneinigkeiten der Fraktionen nun vom Umweltausschuss überarbeitet werden. Hier geht es um Emissionsrechte für die Industrie und sogenannte „CO2-Zölle“ für ausländische Produktionen, um die Benachteiligung europäischer Produktion zu vermeiden, die klimafreundlicher und damit ggf. kostenintensiver erfolgt. Zu Streits führte hier insbesondere die Frage nach Entschädigungen für Privatpersonen für möglicherweise steigende Preise.Hierzu wird in 2-3 Wochen erneut im Plenum diskutiert.

Auch zu Strom und erneuerbaren Energien (EE) wurden zwar Vorbereitungen getroffen, hier kann es allerdings frühestens im Januar 2023 zu Neuregelungen kommen. Diese beträfen dann den massiven Ausbau von EE, insbesondere durch Umstrukturierungen der Gesetze zum Windkraftausbau. Derzeit sind nur 0,5% der Flächen in Deutschland zum Ausbau von Windenergie ausgewiesen. Bis 2024 soll dieser Wert auf 1,4% steigen. Möglich wären hier beispielsweise Anpassungen der Abstandsregelungen zwischen Windkraftrad und Gebäuden. Emissionsschutzrichtlinien behalten dann zwar ihre Gültigkeit, allerdings nur, wenn die pro Land vorgegebenen Ausbauziele eingehalten werden.

Die Gesetzespakete sollen als Vorschlag der Fraktionen soll kurzfristig, direkt in den Bundestag gegeben werden, ohne den Umweg über den Bundesrat zu nehmen.

Wie schnell schlussendlich die notwendigen Entscheidungen getroffen werden, bleibt abzuwarten. Wir fordern ein schnelles Handeln und rufen dazu auf, das individuelle Mobilitätsverhalten so gut wie eben möglich, an die Klimakrise anzupassen, die schon im vollen Gange ist.

Meinungen, Kommentare, Hinweise, Austausch gerne unter kommunikation@gls-mobilitaet.de