27.12.2022

E-Mobilität und Girokarte - Was erwartet uns?

Von Elena Kornettka

„Das Ende der Girokarte“, "Maestro-Aus", „die Girokarte verschwindet aus der Geldbörse“ – solche und ähnliche Schlagzeilen haben sicher einige in den letzten Wochen und Monaten gehört, gelesen, wahrgenommen. Eines schonmal vorweg: Entwarnung! Ganz so dramatisch wird es dann wohl doch nicht…
Was steckt hinter dem apokalyptischen Wording und was passiert eigentlich*wirklich*? Was sind die Konsequenzen, Pläne, Auswirkungen auf uns als Kund*innen, Unternehmen?

 

Eine Einordnung:

Mastercard gab bekannt, dass sie in Zukunft keine Maestro-Karten mehr ausgeben werden. Maestro ist der Name für das Debitsystem von Mastercard in Europa, das vor 30 Jahren entstand. Bankkarten, die mit dem "Maestro-Badge" ausgestattet sind ermöglichen die weltweite bargeldlose Zahlung, sowie das internationale Geldabheben von Kund*innen deutscher Banken und Sparkassen.

Im Jahr 2007 wurde die girocard eingeführt, die die EC-Karte ablöste. Wird in Deutschland bargeldlos bezahlt, oder Geld abgehoben, übernimmt das girocard-System die Zahlungsabwicklung.
Dieses Verfahren funktioniert allerdings nur in Deutschland. Das ist der Grund dafür, dass die meisten Girokarten mit einem Cobranding von Maestro (dem System von Mastercard) oder dem V-Pay System vom Marktbegleiter Visa ausgestattet sind. Insgesamt gibt es deutschlandweit rund 100 Millionen Girokarten mit entsprechendem Cobranding, erkennbar an den jeweiligen Logos auf den Karten. Anders als bei Kreditkartenzahlung wird bei den Debitkarten der Betrag direkt vom zugeordneten Bankkonto abgebucht und nicht wie ein Kredit zum Monatsende behandelt.

Das Einstellen von „Maestro“ bedeutet konkret nur, dass ab dem 1. Juli 2023 die Banken und Sparkassen keine neuen Karten ausgeben, die mit dem Maestro-badge ausgestattet sind. Alle Karten, die noch im Umlauf sind, werden weiterhin akzeptiert. Bei Ablauf der Gültigkeit senden die Banken ihren Kund*innen automatisch neue (Debit-)karten zu, die die gleichen Funktionen besitzen, wie die girocard mit Maestro-badge. Maestro selbst ersetzt "Maestro" durch die neue Funktion "Mastercard".
Bis 2027 werden die Karten, die bereits im Umlauf sind, also problemlos nutzbar und akzeptiert werden, danach werden automatisch Alternativen zur Verfügung gestellt. Außerdem betrifft dies nur die Zahlungsmöglichkeiten im Ausland. Kein Grund zur Panik.

Wieso das Ganze?

Als Beweggründe für diese Entscheidung gibt Mastercard offiziell an, dass der Zahlungsverkehr im E-Commerce den im Einzelhandel übertrifft und weiterhin stark zunimmt. Maestro-Karten seien laut Mastercard für den physischen Handel erschaffen worden und eignen sich nicht uneingeschränkt für den digitalen Handel, oder für Zahlungen zwischen Einzelpersonen. Eine Debit-Mastercard - also eine Kreditkarte, die direkt vom Konto abbucht empfiehlt Mastercard als Ersatz. Diese seien dann auch voll funktionsfähig beim Onlineshopping und einsetzbar für Apple Pay oder Google Wallet.

Wie geht es weiter?

Derzeit prüfen rund 30 europäische Banken ein eigenes Zahlungssystem. Die European Payments Initiative (EPI) ist ein Zusammenschluss von Finanzinstituten aus sieben europäischen Ländern, die in Konkurrenz zu den derzeit dominierenden US-amerikanischen Dienstleistern Mastercard und VISA treten will. Die EPI wird aller Voraussicht nach jedoch erst 2025-2028 im Markt ankommen werden und ist daher gerade keine kurzfristige Alternative. Tatsächlich sieht es aktuell allerdings so aus, dass viele der 30 Banken sich wieder zurückgezogen haben. Das erforderliche Investment in Milliarden Höhe erscheint zu hoch, außerdem gibt es neben der nationalen Girocard in Deutschland auch einige andere nationale Systeme, die kompatibel beibehalten werden sollen (zum Beispiel die „Carte bleue“ in Frankreich).

Was tatsächlich passiert: Einzelne Banken und Sparkassen reagieren unterschiedlich auf die Veränderungen, für Kund*innen ändert sich wenig. 

Was bedeutet das für die Elektromobilität?

Holen wir hier etwas aus: Für die nachhaltige Entwicklung von Elektromobilität ist das Problem fehlender Ladeinfrastruktur (LIS) und einer – vielleicht deutlich zu – bunten Palette an Zahlungs-Apps und Anbietern das wohl größte Problem.
Knapp 68000 Ladepunkte wurden im September 2022 gemeldet. Es fehlen also noch 932000 weitere auf dem Weg zu den angestrebten 1 Millionen, die der Masterplan Ladeinfrastruktur anstrebt. Zeitgleich greift seit Januar 2022 auch die neue Ladesäulenverordnung (LSV), nach der jede neue Ladestation mit einem "gängigen kartenbasierten" oder "webbasierten" Bezahlsystem ausgestattet sein muss.
Ab Juli 2023 wird diese Mindestvoraussetzung ergänzt durch die Vorgabe, am oder in unmittelbarer Nähe des Ladepunkts mindestens einen kontaktlosen Zahlungsvorgang mittels gängiger Kredit- und Debitkarte anzubieten.
Die neue LSV betrifft dabei lediglich Ladeinfrastruktur, die ab dem 01.Juli 2023 neu aufgestellt wird. Bestehende LIS ist von dieser Pflicht erstmal nicht betroffen.
Das hat Vor- und Nachteile: Vorteil ist aus Betreibersicht ganz klar, dass nicht zwingend Umrüstungen nötig und Ausgaben fällig werden. Aus Verbraucher*innensicht ist die Akzeptanz von einer Vielzahl von Zahlsystemen an Ladeinfrastruktur allerdings mehr als wünschenswert. Schon jetzt existiert ein wilder Dschungel an verschiedenen Apps, Ladekarten und Zahlmodalitäten an Ladestationen. Dieser kann durch barrierefreie, im besten Fall kontaktlose Zahlfunktionen gelichtet und die Zugänglichkeit zu Elektromobilität gewährleistet werden.

Was braucht es also nun, um Elektromobilität voranzutreiben und die Zahl von 1 Mio Ladepunkten zu erreichen?

Ladeinfrastruktur muss vorhanden, attraktiv, und zugänglich sein. Nur ein flächendeckender Ausbau kann E-Mobilität incentivieren und Anreize schaffen, vom Verbrenner auf Elektroauto umzusteigen. Stockt der Ausbau, landen wir wieder beim "Henne-Ei-Problem", das den Umstieg unattraktiv und E-Mobilität unkomfortabel macht. Doch auch eine Vielzahl von Ladepunkten schafft nicht zwangsläufig Abhilfe, wenn die Zahlungsmodalitäten kompliziert, unzugänglich und nicht intuitiv sind. Ad-Hoc Zahlen sollte an jeder Ladestation möglich sein.

Mit Blick auf die Zahlen wäre bei derzeit rund 120 Mio girocards mit Debitfunktion in Deutschland eines, das die breiteste Masse zum einfachen Zahlen befähigen würde. Denn: Trotz des angekündigten Ausstiegs von Maestro werden auch weiterhin rund 100 Millionen Karten mit Maestro-, oder V-Pay Badge im Umlauf sein und genutzt werden. Das sind - ohne die Anzahl an Kreditkarten zu berücksichtigen - weitaus mehr Karten als App-Downloads der häufig genutzten Roaming Apps zur Zahlung an Ladestationen.

Ein intuitives Bezahlsystem, das ad-hoc Laden ohne Vorabregistrierung ermöglicht ist Giro-e. Giro-e befähigt Kund*innen zum intuitiven Laden per Girokarte, ohne weitere Aufwände. Die Abrechnung erfolgt bequem per Lastschrift. Verschiedene Module bieten außerdem Möglichkeiten zur individuellen Preisgestaltung für die Ladestationsbetreiber. Je nach hinterlegter Kartennummer können Rabattierungen und Preismodelle angepasst werden - so können Arbeitgebende beispielsweise zum elektrischen Fahren motivieren, wenn Mitarbeitenden zu günstigeren Konditionen Fahrstrom angeboten, oder der getankte Strom an der Wallbox zu Hause erstattet wird. Ein umfassendes technisches und kaufmännisches Backend bringt bei Giro-e volle Transparenz.

Und die Kreditkarte?

Angelehnt an ein Bezahlsystem wie dieses denken findige E-Mobilist*innen nun aber auch die Kreditkarte mit. Insbesondere mit Hinblick auf die 2023 in Kraft tretende LSV gewinnt das Zahlen per Kreditkarte an Bedeutung. Was passiert mit all den Ladepunkten, die bereits existieren und noch keine Kreditkartenzahlung anbieten?
Die meisten Ladestationen könne umgerüstet werden – dies ist unter Umständen aber teuer und aufwändig.
Deutlich einfacher ist an dieser Stelle eine andockbare Lösung, die im besten Fall mehrere Ladepunkte ansteuern kann. Die GLS Mobilität hat als Antwort auf dieses Problem "Pay-t" entwickelt: Pay-t füllt alle Kartenleser-Pflichten, die sich aus der neuen LSV ergeben und ermöglicht Debit- und Kreditkartenzahlung, sowie Zahlung mit sämtlichen mobilen Bezahldienste.

Zugänglichkeit muss an erster Stelle stehen, um Ladeinfrastruktur und deren - beidseitige - Akzeptanz weiter auszubauen. Für eine gesamtgesellschaftliche Transformation braucht es barrierefreie Alternativen zum Individualverkehr im Verbrenner. E-Mobilität kann eine dieser Alternativen darstellen. In der Wahrnehmung all dieser Schlagzeilen sollte die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten werden. Es gibt weder ein "Aus" der Girokarte, noch existiert eine Bedrohung für E-Mobilist*innen - vielmehr kann der flächendeckende Einsatz von barrierefreien Zahldiensten erstmal noch viel Potenzial entfalten.